Sonntag, 5. August 2012

der neuen Sippenhaft

Das Wort Sippenhaft ist in Deutschland mit Vorsicht zu gebrauchen, ist es doch durch die braunen Zeiten schwer belastet. Aber Sippenhaft ist keine deutsche Erfindung, das gibt es schon seit dem Altertum und in einigen Staaten, z.B. Nordkorea wird sie noch heute angewandt.
Dass aber in dem Empörungsstrudel, der sich um die olympische Ruderin Nadja Drygalla entwickelt hat, immer wieder das Wort Sippenhaft auftaucht, ist wahrlich kein Wunder.




Fakten:
Frau Drygalla musste ihre Ausbildung bei der Polzei kurz vor dem Ende "freiwillig" abbrechen. Ihre Sportfördermittel werden gesperrt, ihre Bewerbung bei der Bundeswehr wird auf Eis gelegt. Warum? Weil sie zu ihrer Jugendliebe steht.  Der Leiter der Olympiadelegation Michael Vesper erklärt, er habe keinen Zweifel an ihrer aufrechten Gesinnung. Bei der Polizei konnte man ihr nichts vorwerfen, im Ruderverein und -verband ist sie nie mit neonazistischen Gedanken in Erscheinung getreten. Lediglich weil ihr Freund sich für eine nicht verbotene Partei einsetzt und offiziel und legal für diese Partei bei der Landtagswahl kandidiert, wird diese Sportlerin bedrängt.

(Nein! Ich habe keinerlei Sympathien für die NPD oder Neonazis!)

Aber man muss sich doch fragen:
Darf die Nichte etwa eines NPD-Landtagsabgeordenten nicht an Wettkämpfen teilnehemen? Kann z.B. die Enkelin des Vorsitzenden dieser Partei nicht in den öffentlichen Dienst? Werden Kinder von Salafisten demnächst von jeder öffentlichen Förderung ausgeschlossen? Ist die Mutter eines Terroristen auch gefährlich? Warum muss sich die Enkelin von Winifried Wagner für die Naziliebschaft ihrer Großmutter rechtfertige?  Muss man dieselbe Gesinnung wie Frau Pau haben um an olympischen Wettbewerben teilnehmen zu können.
Denn der Bundestagsvizepräsidentin war ja angeblich schon lange bekannt, "dass es Frau Drygalla seit ins neonazistische Lager zieht" und so beschädigt diese Volksvertreterin mal eben nebenher den Leumund einer jungen Fraum, mit der sie wohl nie ein wort gesprochen hat. Aufregung darüber? Fehlanzeige!

Statt dessen fragt man emport, wer hat es gewusst? Was gewusst? Dass ihre Jugendliebe bei der NPD ist? Hätte sie dann nicht für Olympia starten dürfen? Das muss aufgeklärt werden, fordert der Innenminister. Herr Bach stellt sich vor seine Olympiamannschaft, vor Frau Drygalla stellt er sich nicht. Ein Funktionär schiebt die Verantwortung auf den nächsten und keiner dieser Herren hat den Mut zu sagen: Doch wir wussten von ihrem Freund, aber ihr ist nichts vorzuwerfen und sie ist eine gute Sportlerin. Jammerlappen!

Und wo bitte ist eine Zeitung, ein Medienerzeugnis, dass sich schützend vor die junge Frau stellt? Nur in den Randkommentaren taucht ab und zu der Verdacht von Sippenhaft auf, um dann im allgemeinen Empörungsgetöse unter zu gehen.

Das wird Konsequenzen haben, heißt es. Muss man also in Zukunft nicht nur einen persönlichen Gesinnungstest bestehen, ein political-correctness-certificate (pcc), wenn man an einem Wettkampf teilnehmen will? Mussein Spitzensportler demnächst auch noch den Gesinnungsnachweis für Familie und Freunde führen?

Da fällt mir dann noch ein Wort aus der braunen Vergangenheit ein: Ariernachweis

Das hatten wir schon mal. Nein, danke!


Man kann sich nur wundern...


Nachtrag: Heute hat sich der Verteidigungsminister de Maiziere vor die junge Sportlerin gestellt und die Presse angegriffen. Dabei hat er wohl auch noch ein paar andere Herren im Visier gehabt. Guter Mann!

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